Rubrik Artikel - Zuchtbox oder Koloniebrut?

 
 Artikel geschrieben von:
Michael Hansen - Ellerndiek 14 - 24837 SL - Mitglied im DSV unter der Nummer 2757
Behördlich zugelassener und überprüfter Sittichzüchter
Erstellt im dezember 2009 - Letzte Aktualisierung im Januar 2010
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Koloniebrut oder Brut in Zuchtboxen?

Nur 1 Paar Wellensittiche anzusetzen birgt viele Nachteile, gerade wenn Komplikationen während der Brut auftreten, hat man keine Möglichkeit einem anderem Paar die Eier oder Nachzuchten unter zu packen. Demzufolge setzt man mehrere Paare an und da stellt sich dem Züchter dann die Frage:

 Welche Brut ist geeigneter?

 

Eine Antwort dafür kann man nicht aus dem Stehgreif geben, wenn man nicht vorher einige Faktoren anspricht die berücksichtigt werden sollten. Nachdem lesen meines Berichts, kannst du dir dann eine Antwort selber individuell geben, nur berücksichtige auch die Fragestellung der letzten Frage zum Wohle deiner Tiere.

 

Es ist egal welche Brut man nun durchführt, wichtig ist es das es sich bei den Zuchttieren um Tiere handelt, wo die Hennen den 12. und die Hähne mind. Den 10. Lebensmonat überschritten haben. Die Begründung ist eigentlich ganz einfach: Der Legeapparat der Hennen ist ab diesem alter erst ausgebildet und die Gefahr der Legenot wird dadurch minimiert und bei den Hähnen hat man ab diesem alter mehr aktive Spermien als bei jüngeren Hähnen.

Der Vorteil liegt viellt jetzt erst bei einigen Lesern klar auf der Hand.

Niemand möchte Hennen die an Legenot leiden oder sogar sterben und genauso wenig möchte man mehrere unbefruchtete Eier im Gelege haben.

Dass die Tiere in Zuchtkondition sein müssen sprich brutig und genügend Reserven für eine Zucht haben, setze ich hier einfach mal als Wissen voraus.

 

Beginnen wir mit der Koloniebrut

Eine Voliere mit genügend Platz (!) für mehrere Paare sowie mind. 2 Nistkasten pro Paar sind schon mal sehr gute Vorraussetzungen. Auch wenn das Paar nur 1 Nistkasten besetzt, gibt man so dem Paar die Möglichkeit zwischen mehreren NK auszusuchen. Selbstverständlich kann man auch mehr wie 2 NK pro Paar anbieten, was ich pers. sogar als Vorteilhaft sehe. Als Faustregel für das Platzangebot pro Paar finde ich 1m³ Volumen aus Mindesansatz.

Dadurch dass man mehrere Paare in einer Voliere gleichzeitig ansetzt, bringen sich die Zuchttiere auch gegenseitig schnell in Brutstimmung und so kann dann auch unter Umständen schneller mit Eiern in den Nistkasten gerechnet werden.

Haben dann auch alle Hennen einen Nistkasten bezogen geht das Eierlegen auch dann oftmals schnell los.

 

Schaut man sich einmal die andere Seite genauer an wird man auch hier gut Gründe finden, die gegen eine Koloniebrut sprechen.

Bei der Auswahl des Nistkastens kann es zu erbitterten Kämpfe der Hennen kommen, wobei Blut nur das geringste Übel ist. Verletzungen, ausgebissene Augen, Knochenbrüche, ausgerissene Federn sind oftmals die Konsequenz bei der Wahl des Nistkastens, den viellt schon eine andere Henne bezogen hat oder sich aussuchte.

Ist das dann dennoch ohne Verletzungen von Statten gegangen beginnt der Hahn oftmals mit dem Treten der Henne um sich zu paaren. Einige andere Hähne möchten gerne aktiv mit dabei sein und stören den Tretakt. 3 Wellensittiche übereinander ist ein Bild, was man oftmals bei Koloniebrut beobachten kann. Dadurch das es Störungen durch andere Hähne gibt, ist der Tretakt auch oftmals nicht richtig vollzogen wurden und die Spermien des Hahns konnten nicht in die Kloake der Henne eindringen und verkleben das Gefieder um die Hennenkloake.

Dadurch resultiert dann auch leider oftmals ein Teil der unbefruchteten Eier.

Nun muss man sich das nicht so vorstellen, das jedes Ei was gelegt wird, auch einzeln von einem Hahn befruchtet werden muss. Die Hennen können die Spermien weit mehr als 50h nach einem erfolgreichen Tretakt speichern und somit mehr als nur 1 Ei damit befruchten. Auch habe ich es schon gehabt, das ein Hahn nach dem ersten gelegten Ei verstarb und die Henne noch weitere 4 Eier legte wovon nur das letzte Ei nicht befruchtet war. Das war in einer durchgeführten Zuchtboxbrut und somit schließe ich zu 100% andere Hähne aus.

 

Liegen nun in einer Koloniebrut die ersten Eier im Nistkasten, bedeutet das nicht dass auch alle Paare gleichzeitig zur Brut schreiten. Es kommt immer wieder vor das einige der Hennen erst 2 Wochen oder noch später mit dem Eier legen beginnen, als z.B. andere Hennen.

Demzufolge haben die erst gelegten Eier den anderen einen zeitlichen Vorteil von 2 Wochen.

Diese 2 Wochen sind bei der Wellensittichzucht eine gefühlte Ewigkeit, wenn man sich vor Augen hält, wie weit doch schon Küken anderen jüngeren Küken mit 2 Wochen Unterschied sind.

Demzufolge sind die Hennen der ersten Küken auch schon viel weiter mit der Aufzucht der Nachzuchten und viele dieser Hennen wollen dann auch oftmals mit einem 2tem Gelege direkt nach dem ersten sofort weiter machen.

Leider legen nicht alle Hennen ihre Eier der 2ten Brut in den eigenen Nistkasten. Einige machen das und selbst noch anwesende Jungvögel der ersten Brut, stellen für diese Hennen kein Problem dar. Der Hahn füttert die Nachzuchten weiter und die Henne beginnt dann mit der 2ten Brut.

Das machen einige Hennen, aber andere Hennen schmeißen ihre Küken raus oder suchen sich einen neuen Nistkasten.

Ab da wird es dann oftmals brenzlig. Ungenutzte Nistkästen sind zwar schön, aber auch Nistkästen wo noch z.B. 2 Wochen jüngere Nachzuchten drinnen sitzen von anderen Hennen sind leider sehr oft interessant.

Was macht jetzt die Henne die einen Nistkasten sich ausgesucht hat wo noch Nachzuchten oder Eier anderer Paare drinnen sitzen?

Genau, sie geht in den Nistkasten und will die Küken oder Eier raus schmeißen bzw. zerstört die Eier. Die Küken aber haben wahrscheinlich Angst aus den NK zu gehen, sie kennen halt ja nur den NK und die fremde Henne setzt alle ihre Möglichkeiten ein um eben diese Küken aus dem NK zu entfernen.

Oftmals ist das Resultat dann tote, sehr schwer verletzte oder sogar behinderte Nachzuchten.

Die Henne und der Hahn des eigentlichen Nistkastens machen da nicht viel. Die Hennen kämpfen manchmal um ihren NK aber in der Regel geben sie ihn und ihre Nachzuchten dann auf.

Wie solche Verletzungen aussehen können, habe ich in meinem Bericht „Die andere Seite der Wellensittichzucht“ dokumentiert, für die unter euch, die mal einen Blick riskieren wollen.

 

Es gibt aber auch noch weitere Probleme die auftreten können bei der Koloniebrut.

Der Irrglaube das Wellensittiche treu sind und das sogar ein Leben lang, kann ich nicht bestätigen. Das liest man zwar immer wieder im Internet, aber ich habe andere Erfahrungen gemacht.

Ist die Henne im NK und brütet z.B. dann sind auch andere Hennen sehr interessant. Das wäre dann wieder ein Problem für mich und die Züchter die keine Linienzucht (Inzucht) betreiben, denn dadurch hat man keine Kontrolle mehr, wer mit wem eigentlich blutsverwandt ist.

Ok, die meisten „Züchter“ interessiert das nicht und sie setzen in Volieren 10 und mehr Paare ein, aber ich bin der Meinung, das in den letzten 200 Jahren eine Menge kaputt gemacht wurde, eben auch durch die Linienzucht, andere sehen das sicherlich anders.

Dadurch dass ein Hahn nun „Freiraum“ hat mischt er, wie oben angesprochen, auch gerne bei anderen Paaren mit wenn sie den Geschlechtsakt vollziehen.

Nicht immer ist der Hahn der Henne zur Stelle, weil er z.B. Küken füttert, selbst etwas frisst oder säuft und ein anderer Hahn sucht nun die Gelegenheit sich mit einer neuen Henne kurzeitig zu verpaaren.

Schon hätte man kunterbunte Blutvermischung von der man nichts weis, weil man ja nicht 18 Stunden bei Sonnenschein vor den Volieren sitzt.

Dass auch erbitterte Kämpfe unter den Hähnen stattfinden können, konnte ich auch schon beobachten und Hähne stehen da den Hennen in nichts nach. Das ging sogar schon soweit, dass die Hähne sich nicht trennten und selbst als ich sie in der Hand hatte um sie auseinander zu bringen, fiel mir das dennoch sehr schwer weil sie sich ineinander verbissen hatten.

 

 

Bei der Brut in Zuchtboxen sieht das folgendermaßen aus

Der Wellensittich lässt sich zu 80% immer wieder neu verpaaren. Dennoch setze ich sowie auch sicherlich andere Züchter immer wieder nach Möglichkeit harmonisierende Paare ein.

Bei der Zuchtbox habe ich als Züchter direkten Einfluss wer sich mit wem nun verpaart. Kann da mehr Einfluss auf die Farben nehmen und muss nicht wie in der Koloniebrut auf gut Glück hoffen.

Genauso kann man auch auf andere Aspekte wie Größe, Flügelstellung, Haltung bei der Zusammenstellung der Elterntiere mehr achten und somit auch Einfluss als Züchter auf die Nachzuchten haben.

 

Fremde Hähne scheiden somit auch aus und der Züchter kann individuell dann auch mehr darauf achten, das blutsverwandte Paare nicht oder leider erst recht eingesetzt werden für die Zucht. Kämpfe zwischen den Geschlechtern anderer Paare und somit Verletzungen, töten anderer Nachzuchten oder bestenfalls „nur“ Verletzungen scheiden bei der Brut mit Zuchtboxen auch aus.

Bei der Zuchtbox kann ein Züchter individueller darauf achten das auch wirklich jeder Hahn und somit die Henne und die Nachzuchten das angebotene Futter bekommt und nicht wie in einer Koloniebrut einige Hähne dann soviel von den geriebenen Karotten fressen, das für andere kaum etwas über bleibt. Das kann man natürlich durch mehr Futtermasse kompensieren, aber auch das hat Nachteile wie Futtereste und der 2 mal täglichen Reinigung der Volieren wo man dann Unruhe in die Brut reinbringt und natürlich auch höhere Kosten, aber auf Kosten sollte ein verantwortungsvoller Züchter eh nicht achten.

Eine Kontrolle was nun als Menge letztendlich gefressen wurde ist somit auch übersichtlicher und gibt dem Züchter wertvolle Hinweise.

Schaut man was es für Zuchtboxen gibt und welche Größe sie haben, sollte man nicht die 40x40x30er Zuchtboxen bei der Wellensittichzucht einsetzen. Die Tiere sind rechnerisch (bei 4 Küken) mindestens 75 Tage in solch einer Zuchtbox und je größer die Küken werden, verbrauchen die ja auch Platz. Eine Zuchtbox bei der Wellensittichzucht sollte meiner Auffassung nicht die Maße 60x40x40 unterschreiten, denn auch der Hahn sowie die Henne wollen auch dem Bedürfnis ein paar Flügelschläge nachgehen.

 

Der Reinigungsaufwand bei der Zucht in Zuchtboxen ist viel größer als in einer Voliere/Koloniebrut, wo man alle paar Tage mal den Sand auf dem Volierenboden zusammen fegt und die Zuchttiere mehr Platz in der Voliere haben als in einer Zuchtbox und somit sich der Kot dann auch an mehreren Stellen befindet.

Zuchtboxen dienen nicht nur als Zuchtbox, sie können, abhängig von der Größe, auch als Absetzbox eingesetzt werden für die jüngeren Nachzuchten.

Weitere Vorteil wäre dann auch, das man in einer ZB genau kontrollieren kann was gefressen wurde von dem angebotenem Futter und nicht wie bei einer Koloniebrut man da keine Einschätzung hat.

 

Die von mir gestellte Eingangsfrage „Koloniebrut oder Brut in Zuchtboxen?“ kann ich nicht für andere beantworten. Jeder Züchter sollte sich selbst nachfolgende Frage stellen und damit hat er sich dann mehr Antworten gegeben, als ich hier erörtert konnte mit meinen kleinen Denkanstössen.

Will ich bestimmte Farbschläge züchten oder sind mir die Farbschläge sowie mittelfristig die Blutsverwandschaftsgrade egal?

 

Diese Frage kannst nur du dir beantworten ....

 

 


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